Es ist, als wäre er nicht weg gewesen: Zweieinhalb Jahre sind vergangen, seitdem sich Jamie Bartman, damals in der Rolle als Cheftrainer der Sauerländer, vom Seilersee verabschiedet hat. In den vergangenen beiden Tagen stand er wieder auf dem Eis, ohne den charakteristischen Schnäuzer zwar, dafür aber mit den so bekannt wirkenden Gesten und Worten. „Ich kümmere mich in Absprache mit Brad um die Verteidiger und um das Unterzahlspiel“, sagt der 59-Jährige, der zuletzt zwei Jahre bei den Augsburger Panthern als zweiter Mann hinter der Bande stand und jetzt in gleicher Rolle am Seilersee aktiv ist. Wer Bartman als Relikt einer Vergangenheit begreift, die eigentlich bei den Blau-Weißen der Zukunft gewichen sein sollte, der interpretiert die Entscheidung falsch. Bartman gehört nicht zu den lauten Kommunikatoren, er verfügt aber unbestritten über einen reichen Erfahrungsschatz und war derjenige, der mit Jari Pasanen gemeinsam das Defensivkonzept erarbeitete, was die Roosters in der Vergangenheit und Teams wie beispielsweise Krefeld aktuell erfolgreich macht. Die Roosters haben also jemanden zurück an Bord geholt, der im Zweifelsfall für Stabilität in einem Mannschaftsbereich sorgen kann, der zuletzt nicht immer ohne Herausforderung funktionierte.
Brad Tapper findet die Entscheidung zugunsten Bartmans richtig, weil er menschlich und sportlich in die Mannschaft passe. Beide Coaches aber wissen, dass die Rückkehr des Deutsch-Kanadiers zwar neue Impulse im Detail setzen kann, die Trendumkehr aber hat er nicht in der Hand. „Ich glaube, dass die Mannschaft Qualität hat und, dass es eine gut funktionierende Gruppe in der Kabine ist“, unterstreicht Bartman, der auch bei seinen Spielern akzeptiert ist. Zwar kennt er keinen einzigen seiner Akteure aus seinem letzten Jahr am Seilersee mehr, mit Brent Raedeke aber hat er ganz am Anfang seiner Iserlohner Zeit gearbeitet, Simon Sezemsky kennt er aus Augsburg: „Ich denke, dass Jamie einfach ein guter Typ ist, der über ganz viel Erfahrung verfügt und der alle Momente schon einmal erlebt hat. Das wisse auch die Mannschaft.“ Nicht nur bei Sezemsky merkt man eindeutig, dass das letzte Spiel bei den Eisbären Berlin, das die Waldstädter zwar mit 2:3 verloren haben, ihnen trotzdem Selbstvertrauen geschenkt hat. „Die Trainingswoche war erneut sehr gut, die Jungs haben nach wie vor verstanden, worum es geht“, meint Brad Tapper. Er weiß allerdings auch, dass mit dem heutigen Gegner aus Ingolstadt eine Mannschaft an den Seilersee kommt, die auf Top-Niveau performed. Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Sauerländer, bei denen unklar ist, ob Kris Foucault und Joe Whitney in den Kader zurückkehren, ein mindestens so gutes Spiel abliefern müssen wie in der Hauptstadt.
Denn mit dem ERC Ingolstadt gastiert heute ab 19:30 Uhr (live auf MagentaSport) ein Team am Seilersee, das man nicht heiß laufen lassen sollte – sonst kommt man gegen die inbesondere in der Offensive äußerst tief besetzten Panther schnell unter die Räder. Steht man stabil, ergeben sich gegen den ERC durchaus auch Möglichkeiten, das zeigte der letzte Auswärtsauftritt der Roosters in Ingolstadt, als man zwar (mal wieder) unglücklich in Rückstand geriet, dann jedoch durchaus Chancen hatte, die Partie auszugleichen oder sogar die Führung zu übernehmen. Das gelang jedoch nicht, was zeigt, dass man nur mit einer stabilen Defensive auch keine Spiele gewinnt. „Wir müssen im Fünf gegen Fünf wieder besser werden, ohne Frage“, weiß auch der Headcoach. Die große Frage nach dem „Wie?“ lässt sich naürlich nicht konkret beantworten, aber zumindest ist klar, woran es zuletzt fehlte: „Die Schüsse von unseren Verteidigern kommen nicht so oft zum Tor durch, es wird viel geblockt. Da braucht es mehr Präzision in der Vorbereitung und Überzeugung im Abschluss. Dann können wir auch für Verkehr vor dem Kasten sorgen und so auch mal den einen oder anderen ‚dreckigen‘ Treffer erzwingen“, erklärt Tapper. Scheiben zum Tor bringen also – manchmal ist es tatsächlich so einfach. Und wenn dann noch das Quäntchen Glück dazu kommt, das man bei den Roosters zuletzt wirklich vergeblich suchte, dann kann der Knoten platzen.
Zum vorerst letzten Mal können sich die Roosters dabei auf die Unterstützung ihres Heimpublikums freuen. Wenn die Sauerländer das nächste Mal in eigener Halle spielen, gilt bereits die Entscheidung der Ministerpräsidenten-Konferenz, die Zuschauer bei überregionalen Sportereignissen ausschließt. Dabei haben die Iserlohner vor dem Match gegen die Panther erstmals in der Vereinsgeschichte aus ihrer Steh- eine Sitzplatztribüne gemacht. Heute können die Roosters so 50 Prozent ihrer Kapazität ausnutzen, gegen Straubing und Mannheim sind keine Zuschauer zugelassen.