Auch wenn er in Zukunft nicht mehr das blau-weiße Trikot mit dem Hahn auf dem Jersey tragen wird, ist diese eine Nachricht, auf die die gesamte Roosters-Familie stolz sein kann: Taro Jentzsch wurde von Bundestrainer Toni Söderholm für die kommende Weltmeisterschaft in Finnland für den Kader der deutschen Nationalmannschaft nominiert.
Nach zwei Jahren am Seilersee ist diese Nominierung ein wichtiges und verdientes Etappenziel in der Entwicklung des jungen Stürmers. Wir haben mit Christian Hommel, dem Sportlichen Leiter der Roosters, gesprochen, der Taro Jentzsch vor ziemlich genau zwei Jahren im Mai 2020 verpflichtet hat.
Christian, hättest Du bei Taros Verpflcihtung gedacht, dass er nach nur zwei Jahren mit der deutschen Nationalmannschaft zur WM fährt?
„Ja und Nein. Wir hatten einen Plan, wie wir sein vorhandenes Fundament an das Internationale Männer-Hockey heran bekommen könnten. Aber am Ende kommt das Meiste von den Spielern. Sie müssen es annehmen und investieren. Ich bin aber sehr glücklich darüber, dass dieser Plan komplett aufgegangen ist. Und er hat sich das redlich verdient.“
In welchen Bereichen hat sich sein von Dir zitiertes Fundament weiterentwickelt?
„Er ist als Mensch gereift und ist erwachsener geworden. Ebenso war er sehr bodenständig und hatte eine gute Balance, egal, ob es gerade schlecht oder gut lief.
Erheblich besser wurde sein Spiel im Eins-gegen-Eins. Sein ‚Battle-Level‘ war am Anfang nicht ganz da, wo es sein muss, um in der DEL bestehen zu können. Er hat am Anfang vielleicht noch ein wenig mit angezogener Handbremse gespielt, was für einen Spieler in seinen ersten Profijahren auch ein Stück weit normal ist. Aber insbesondere nach der Februar-Pause in diesem Jahr hatten wir alle das Gefühl, dass genau jetzt alles zusammen kommt und wenn dann ein Rädchen ins andere greift, läuft es einfach. Er hat hier gezeigt, dass all die Arbeit ihn zu einem sehr guten Top 6 Stürmer gemacht hat.“
Welche Gegebenheiten bei den Roosters ermöglichen diese Entwicklung, sind eventuell sogar ein Standortvorteil?
„Zunächst muss man hier die ganzjährige Betreuung unserer Youngster erwähnen, also insbesondere den Sommer und das Off-Ice-Training. Hier legen wir mit unseren Ärzten, Physios und Athletikcoaches den Grundstein für eine erfolgreiche Entwicklung.
Dann haben wir bei der Zusammensetzung unserer Trainerteams stets darauf geachtet, dass immer auch ein Fokus auf der individuellen On-Ice-Betreuung der Jungs liegt, um Ihnen einfach Möglichkeiten aufzuzeigen, wo sie sich zeigen und weiterentwickeln können.
Letztlich geht es neben all diesen Sachen darum, all den jungen Spielern eine Tool-Box zu füllen und ihnen aufzuzeigen, wie man die Sachen benutzt. Dazu gehören individuelle Videoanalyse, individuelles Off-Ice- und skill-training oder auch Ernährungsberatung. Aufs Eis bringen müssen die Jungs es dann selbst – und das hat Taro einfach hervorragend gemacht, worauf wir sehr stolz sind.“
Haben sich diese Gegebenheiten für die Förderung junger Spieler in den vergangenen Jahren verändert?
„Definitiv, zum einen sind die Spieler generell professioneller eingestellt als es noch vor 10 bis 15 Jahren der Fall war. Zum anderen haben sich natürlich auch die Anforderungen an den Club und sein Umfeld erhöht, um in der Entwicklung auch die letzten Prozentpunkte rauszuholen. Da haben wir speziell in den letzten Jahren viel gemacht, haben unser Trainer- und Betreuerteam breiter aufgestellt und können ganzjährig auf unsere Athletikcoaches und Physios zurückgreifen.“
Wie viel harte Arbeit und wie viel Talent beim Spieler stecken hinter einer solchen Entwicklung?
„Talent bringt den kleinen Zeh zwischen Tür und Türrahmen auf dem Weg in den Seniorenbereich. Harte Arbeit lässt dich mal einen Blick durch diese Tür werfen, aber eine Garantie ist letztlich beides nicht. Mann kann auch ganz, ganz schnell wieder rausgekickt werden. Am Ende ist es die Kombination von beidem, die Dir wirklich die Chance gibt, im Profibereich Fuß zu fassen“
Kannst Du dann in dem, was Dich stark macht, konstant sein und so interessant für ambitionierte Clubs und auch Auswahlteams werden, hast Du eine Chance, Dich wirklich zu etablieren. Letztlich gehört natürlich auch immer ein wenig Glück dazu, Du musst auch verletzungsfrei bleiben und Coaches haben, die Dir das Vertrauen schenken. Man kann eben nicht alles komplett durchplanen und es wird auch immer Rückschläge geben.“
Siehst Du perspektivisch ähnliche Entwicklungspotenziale anderer Talente bei uns?
„Ja, beim Blick auf Taros Entwicklung ist der Gedanke an John Broda nicht weit. Er ist ein Power Forward, der mit viel ‚Bums‘ spielt und uns sowohl aufgrund seiner Spielweise und der Fähigkeiten, die er in der vergangenen Saison gezeigt hat, viel Freude macht. Auch hier sehen wir einen jungen Spieler, der in seiner ersten echten Saison als Profi einen sehr guten Schritt nach vorne gemacht hat.
Erik Buschmann geht nächstes Jahr in seine vierte Saison bei uns. Buschi hat sich kontinuierlich weiterentwickelt, hat auch bereits erste Erfahrungen in der Nationalmannschaft gesammelt. Er hat im letzten Jahr auch gezeigt, dass es sich lohnt durchzuhalten und nicht gleich den Kopf in den Sand zu stecken, wenn es mal Rückschläge gibt.
Auch unsere Youngster, die in der vergangenen Saison nicht dauerhaft bei uns im Fokus waren, entwickeln sich nach Plan. Diese Beobachtungen bei Jonas Neffin, Finn Becker, Nils Elten, Maxim Rausch und auch Yannick Proske machen uns viel Freude.
Mit Maciej Rutkowski steht der nächste Youngster als Neuzugang in den Startlöchern, auch Colin Ugbekile ist noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Wir sehen, dass junge Spieler bei uns den nächsten Schritt in ihrer Karriere machen können und dass am Ende alle Seiten davon profitieren“
Wie kompliziert ist es aktuell, talentierten jungen Spielern überhaupt die Chance zu geben, sich so zu entwickeln?
„Es ist sehr schwierig. Da wir kein Draftsystem haben wie in Nordamerika ist es sehr schwierig, überhaupt an die absoluten Top Nachwuchsspieler heranzukommen, denn die anderen Clubs leisten im Scouting im Nachwuchsbereich auch gute Arbeit.
Wir können den Jungs ja am Ende auch nur aufzeigen, dass es bei uns möglich ist, den Sprung in den Profibereich zu schaffen. Klar ist auch, dass wir damit leben müssen, dass solche Spieler dann eben zu den ‚Großen‘ der Branche wechseln, wie wir es leider jetzt auch bei Taro erlebt haben. Dennoch zeigt sich, dass es der Entwicklung der Jungs gut tut, wenn man an sie glaubt und ihnen auch in schwierigen Phasen Verantwortung überträgt, was bei dem Druck, der durch Auf- und Abstieg, Playoffs . Taro war ja nunmal jetzt auch zwei Jahre lang ein wichtiger Spieler in unserem System und hat im Abstiegskampf einen wichtigen Beitrag geleistet. Und dafür, dass das so kommen konnte, haben wir gemeinsam bei den Iserlohn Roosters den Grundstein gelegt.“