Christian, wie ist die Gefühlslage zwei Wochen vor dem Ende der Hauptrunde?
Sicherlich nicht zufriedenstellend. Wenn man betrachtet, in welcher Ausgangsposition wir uns vor gut einer Woche befunden haben und wo wir jetzt stehen, können wir nicht ansatzweise zufrieden sein.
Nun wurde am vergangenen Wochenende der Klassenerhalt klargemacht. Ist das aus Deiner Sicht ein Grund, durchzuatmen und ist damit nicht zumindest ein Etappenziel erreicht?
Im Oktober wären wir sicherlich zufrieden damit gewesen, wenn uns jemand angeboten hätte, dass wir drei Wochen vor dem Ende der Hauptrunde nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben. Aber wenn man sich die Entwicklung danach betrachtet, muss klar sein, dass es nicht unser Anspruch sein kann, dauerhaft nach unten zu schauen.
Wir hatten Saisonphasen, in denen der eine oder andere vielleicht davon geträumt hat, dass wir zum aktuellen Zeitpunkt ein bisschen weiter oben stehen – und das nicht zu Unrecht. Aber letztlich haben wir es nur ganz selten geschafft, die viel zitierte Konstanz über einen längeren Zeitraum oder auch innerhalb von Spielen zu zeigen. Insofern können wir nicht auf die Idee kommen, mit Blick auf das letzte Wochenende durchzuatmen.
Normalerweise zieht man erst nach einer Saison Bilanz. Dennoch: Wie bewertest Du die Saison insgesamt?
Insgesamt – und das kann man sicherlich auch schon zum jetzigen Zeitpunkt sagen – muss man sicherlich festhalten, dass wir über die gesamte Saison nicht die Leistungen gesehen haben, die wir uns von der Mannschaft versprochen haben.
Sicherlich war nicht alles schlecht, sonst würden wir nächstes Jahr nicht in der DEL spielen. Aber Fakt ist, dass die Situation, in der wir uns befinden, nicht zufriedenstellend ist und dass eindeutig mehr drin gewesen wäre, als die Qualifikation für die Playoffs vier Spiele vor Schluss nicht mehr in der eigenen Hand zu haben.
Du sprichst es schon an: Trotz aller Widrigkeiten gibt es noch die Chance auf Playoff-Hockey im Seilersee im Jahr 2023. Was braucht es – neben den entsprechenden Ergebnissen der Konkurrenz – um dieses Ziel zu erreichen?
Wir müssen möglichst viele Punkte holen, da führt kein Weg drumherum. Wir erwarten, dass unsere Mannschaft genau diese Leistung und Einstellung in den verbleibenden Spielen aufs Eis bringt, um uns weiter die Möglichkeit zu geben.
Ob es am Ende reicht, werden wir dann sehen, wir haben es jetzt leider nicht mehr selbst in der Hand. Aber alles rauszuhauen, ist das Mindeste – und das sind wir diesem Club und seinem Umfeld auch schuldig. Das haben wir der Mannschaft auch unmissverständlich klargemacht.
Man kommt nicht um den Eindruck herum, dass die Mannschaft diese von Dir beschriebene Einstellung nicht in allen Spielen immer aufs Eis gebracht hat. Sollte das, insbesondere, wenn es in der Tabelle so eng ist, nicht eigentlich konstant der Fall sein?
Das ist absolut richtig – und trotzdem sehen wir immer wieder taktische Undiszipliniertheiten, mangelnde Konsequenz in den Zweikämpfen oder Umsetzung des Systems. Die Liste ist lang und deshalb stehen wir auch da, wo wir stehen! Die Erwartungen, auf deren Basis wir den Kader zusammengestellt haben, waren definitiv andere. Deshalb haben wir auch früh unsere Nachverpflichtungen getätigt.
Wir müssen uns fragen, auf welche Qualitäten wir uns bei einem Spieler verlassen können und nicht, welche er an einem guten Tag mitbringen könnte. Nochmal: Die Jungs können alle Eishockey spielen, aber an der einen oder anderen Stelle wurden diese Erwartungen bezüglich der von mir angesprochenen Qualitäten nicht erfüllt.
Da müssen wir auch unsere Prozesse bezüglich der Kaderzusammenstellung hinterfragen. Es ist immer einfach, im Nachhinein zu sagen, dass das ja absehbar war, wenn etwas nicht funktioniert – wir müssen uns fragen, welche Fehleinschätzungen wir unter welchen Bedingungen getroffen haben. Ein Beispiel: Das System, was wir von Anfang an spielen wollten, passte nicht zu dem Kader, der zusammengestellt wurde. Deshalb auch der Wechsel zum etwas defensiverem System, in dem sich die Jungs merklich wohler gefühlt haben und mit dem wir dann auch Erfolgserlebnisse feiern konnten.
Dieses Hinterfragen ist dann aber im Detail wohl wirklich ein Prozess für die Zeit nach der Saison. Ändert das letztliche Abschneiden denn irgendetwas an dieser Analyse?
Nein, die Mannschaft ist und war in den letzten Wochen in der Pflicht, das Maximum reinzuwerfen und wird es auch weiterhin bleiben. Das Ergebnis spielt dann für die Bewertung der Gesamtsituation keine Rolle mehr, ich denke, man kann sich auch zum aktuellen Zeitpunkt schon im Klaren über die Punkte sein, die wir ändern müssen. Aber in solchen Situationen zeigt sich natürlich auch, welchen Mehrwert ein Spieler über die bloßen Statistiken, die jeder im Internet abrufen kann, hinaus für unsere Organisation hat.
Wie wichtig ist es, für diesen Prozess die Trainerpersonalie frühzeitig geklärt zu haben?
Sehr wichtig, die angesprochenen Punkte kommen ja nicht ausschließlich von mir – wir tauschen uns regelmäßig darüber aus, was in die richtige und was in die falsche Richtung läuft und haben im Großen und Ganzen die gleiche Wahrnehmung.
Es geht auch nicht darum, über den Sommer die viel zitierten Steine komplett umzudrehen. Um im Bild zu bleiben: Ich denke, wir haben schon einige zentrale Bausteine in unseren Reihen, da gehört die Trainerpersonalie mit als wichtigste dazu. Aber um diese Bausteine herum müssen wir ein neues Fundament schaffen. Denn es ist eindeutig, dass wir dieses Fundament aktuell nicht haben. Nochmal: Da müssen wir natürlich auch unsere eigenen Entscheidungen und Einschätzungen kritisch hinterfragen und es beim nächsten Mal besser machen. Das wird nach dem Saisonende auch geschehen, jetzt geht es erstmal darum, dass allen Beteiligten klar ist, dass wir an diesem Wochenende noch eine letzte Chance haben.
Stichwort Saisonende: Was wünscht Du Dir, um besagtes Saisonende so weit wie möglich nach hinten zu verlegen?
Die angesprochene Leistung der Mannschaft wünsche ich mir nicht, die erwarte ich.
Ganz wichtig ist das kommende Wochenende mit den beiden Heimspielen, da wünsche ich mir die Unterstützung, die wir schon das gesamte Jahr über erfahren haben und die insbesondere mit Blick auf die Auftritte in den letzten Wochen alles andere als selbstverständlich ist.
Ich wünsche mir, dass wir nach den Spielen einiges an Eisbeutel mehr in der Kabine sehen werden als zuvor. Denn dann können wir mit allem leben: Wenn wir alles auf dem Eis gelassen haben. Auch dann werden Fehler passieren, aber wir und ich denke auch unsere Fans sind schon sehr gut in der Lage dazu, einzuschätzen, aus welchen Gründen diese Fehler passieren.