Doug Shedden ist vor der heutigen Partie beim EHC Red Bull München (16:30 Uhr, live bei Magenta Sport und Radio MK) weniger als Eishockey-, sondern eher als Mentalcoach gefragt: Seit mehr als zwei Spielen, beziehungsweise sieben Dritteln sind seine Schützlinge aktuell torlos. Und das liegt nicht etwa daran, dass die Roosters nicht vor das gegnerische Tor kommen. Sondern viel mehr daran, dass die Scheibe einfach nicht rein will. Oder um es mit den Worten des nie um einen treffenden Vergleich verlegenen Headcoaches zu formulieren: „Es fühlt sich zwischenzeitlich so an, als könnten wir noch nicht mal aus einem Flugzeug heraus einen Puck ins Wasser werfen, weil genau im falschen Moment ein Wal auftaucht, den wir dann treffen.“
Der metaphorische Wal sind vor dem gegnerischen Kasten entweder Pfosten, Latte, oder ein Körperteil oder Ausrüstungsgegenstand eines Gegen- und teilweise sogar Mitspielers. Rational gesehen ist natürlich klar, dass eine derartige Verkettung unglücklicher Umstände nicht von Dauer ist, „aber da kannst Du Dir nix von kaufen, wenn Du in der Situation drinsteckst und die Scheibe einfach nicht rein will. Es ist sehr hart, aber wir müssen einfach weiter arbeiten und das Ding meinetwegen noch so dreckig irgendwie über die Linie bringen“, bringt es Roosters-Stürmer Charlie Jahnke auf den Punkt.
Zweifelsohne ist es ein Teil der Wahrheit, dass die beiden Auswärtsspiele in Düsseldorf und Nürnberg mit einem Treffer der Roosters in ihren Drangphasen wahrscheinlich anders gelaufen wären – auf der anderen Seite gibt es schlicht und einfach auch Aspekte, die den allerletzten Punch verhindern. Punkt Eins: Die Specialteams: „Unser Powerplay sieht auswärts leider komplett anders aus als bei uns am Seilersee. Die Eisflächen sind die gleichen und die Jungs haben ja schon gezeigt, dass sie es können – es ist eine Frage des Selbstvertrauens“, erklärt Shedden. Ähnliches gilt für das Unterzahlspiel: Die Roosters nehmen zwar die wenigsten Strafen der Liga, haben aber auch gleichzeitig die schlechteste Unterzahlquote – ersterer Aspekt ist positiv, letzterer natürlich nicht. „Grundsätzlich spiele ich erstmal lieber seltener Unterzahl. Dass die Quote bei einer kleineren Stichprobe vielleicht nicht die beste ist, ist auch klar. Aber wir waren zuletzt immer ein kleines bisschen zu weit weg, konnten unsere Formation nicht halten. Das muss besser werden, wir wissen, dass in den vielen engen Spielen, die uns noch erwarten, die Special Teams den Ausschlag geben können“, fordert Shedden.
Punkt Zwei: Zielwasser – sowohl in Nürnberg als auch in Düsseldorf feuerten die Roosters deutlich mehr Schüsse in Richtung des gegnerischen Kastens ab, hatten aber in beiden Partien letztlich weniger Versuche, die auf den Kasten kamen, im Fleißheftchen stehen. Auch, dass der Gegner deutlich mehr geblockte Schüsse vorweisen konnte, ist kein Zufall – die Schussauswahl in der gegnerischen Zone ist sicherlich noch ausbaufähig, auch wenn hier seit Sheddens Ankunft mit einer Steigerung der bloßen Versuche zumindest schonmal der erste Schritt gemacht wurde. Denn wie sagte es der Kanadier bereits nach seiner ersten Trainingseinheit: „Wir müssen definitiv mehr schießen. Denn nur wer schießt, kann auch Tore machen.“ Was so banal klingt, ist für seine Mannschaft derzeit leider deutlich leichter gesagt als getan.
Die Gelegenheit zur Verbesserung wird es heute Nachmittag beim dritten Auswärtsspiel in hintereinander geben. Bis auf den erkrankten Maxim Rausch ist der komplette Roosters-Kader den Trip nach Süddeutschland angetreten, sodass Shedden die Möglichkeit hat, zumindest in der Defensive, in der Ben Thomas zuletzt als überzähliger Import-Spieler pausieren musste, ein wenig zu rotieren.